Dienstag, 23. November 2010

Alltag - TV

Das italienische Fernsehen hat traditionell ja keinen allzu guten Ruf. Inhalts- und sinnlose Unterhaltungs- und quasi Informationsformate, mit meist mindestens einer eher offenherzig bekleideten Dame oder übersetze ausländische Serien wie Kommisar Rex, Traumschiff oder CSI. Aber: es gibt einen Lichtstreif am Horizont. Und zwar auf RaiTre - sowieso noch der akzeptabelste Kanal mit guten Filmen am Abend und guten Nachrichten - kam gestern die 3. von bislang 4 geplanten Sendung von Vieni via con me von und mit Roberto Saviano und Fabio Fazio. Die Sendung befasst sich mit der aktuellen Situation in Italien und Motiven die Menschen bewegen könnte wegzugehen oder eben hier zu bleiben. Ein wichtiges Element ist auch der Kontakt mit dem Publikum über Netzwerke wie Facebook oder die Homepage auf RaiTre.
In der Sendung verlesen verschiedene Schriftsteller oder auch sonstige Persönlichkeiten Listen mit Aussagen über die aktuelle Situation Italiens. Die Listen der Sendung von gestern waren beispielsweise Elenco dei desideri impossibili (Liste der unmöglichen Wünschen) mit Wünschen wie, dass der der Steuer zahlt nicht als bescheuert angesehen wird und dass die, die keine Steuern zahlen als Diebe angesehen werden; die Liste der Erklärung von Politikern, die das Ende der Müllproblematik angekündigt haben was einige waren, es sich an der Situation jedoch immer noch nichts geändert hat; die Liste über die aktuelle Situation in den Gefängnissen Italiens; die Liste der schönen Dinge an die ich mich bei Stefano (Cucchi) erinnere, gelesen von seiner Schwestern. Stefano Cucchi starb in U-Haft durch die Schläge der Polizisten. Diese wurden dafür jedoch nicht zu Rechenschaft gezogen und sind noch heute Angestellte des italienischen Staates.
Abgeschlossen wird die Sendung dann immer mit Gründen hierzubleiben oder zu gehen, abwechselnd vorgetragen vom Moderator Fabio Fazio und Roberto Saviano. Das interessante ist wie sie auch immer wieder von wichtigen politischen oder gesellschaftlichen Motiven zu vermeintlich banalen Dingen wie Fußball wechseln.

Fabio - ich gehe weg, weil ich an einem Ort sein möchte in dem Prostituierte Prostituierte genannt werden und Escort ein altes Modell von Ford ist.

Roberto - ich gehe weg, weil die Rechten hier behaupten links zu sein und die Linken behaupten rechts zu sein.

Fabio - ich gehe weg, weil auch Cassano weg geht.

Roberto - ich bleibe, weil nächstes Jahr Napoli in der Champions League spielt.

Roberto - ich gehe weg, weil dieses Land eine Stadt verloren hat: L'Aquila.

Fabio - ich bleibe so lange bis man im wiederaufgebauten Zentrum L'Aquilas wieder einen Spaziergang machen kann.

Um nur einige der Motive zu nennen und auch zu zeigen, welch Breite an Themen angesprochen werden. Abschließend bleibt nur noch zu sagen, dass es zu bewundern ist, wie aktiv Robert Saviano für sein Land kämpft und unter welchen Umständen er mittlerweile leben muss. Meist in Hotels, dann muss er ständig das Hotel wechseln, mieten kann er fast nicht, da die Menschen entweder Angst haben ihm "Unterschlupf" zu gewähren oder aber die Miete dann unverhältnismäßig erhöhen, da sie ja schließlich auch ein Risiko eingehen. Und im Endeffekt, aktuell bringt es der Camorra nichts ihn zu töten, aber wenn sie wollten würden sie es trotzdem schaffen, egal wie viele Bodyguards und sonstige Beamte sich um ihn kümmern. Non mollare Roberto!

1 Kommentar:

ARa hat gesagt…

wieso sollten Linke behaupten, rechts zu sein? siehe Hierzu Norberto Bobbio, Rechts und Links: Gründe einer politischen Unterscheidung, 1994
(liest sich auf Deutsch recht zäh; weiß nicht, ob das dem Schreibstil und Inhalt oder einer hölzernen Übersetzung geschuldet ist.)

Grüße ARa