Samstag, 16. Oktober 2010

Alltagsphänomene - Weggehen

Gestern ging es nach Venedig für eine sogenannte Bacarata. Das ist eine Tour durch viele verschiedene bacari, kleine, typisch venezianische Bars in denen man die verschiedenen Hausweine oder Spritz trinkt. Diese Gelegenheit möchte ich als Anlass nehmen um ein wenig über das - nicht nur für Studenten wichtige - Nachtleben in Padova zu schreiben.
Der gestrige Nachmittag wurde von der Erasmus Vereinigung in Padova organisiert. Dadurch war es keine typische Bacarata, weil man mit knapp 200 Leuten natürlich nicht in diese meist sehr kleinen Bars gehen kann. Also fand das ganze auf verschiedenen Plätzen in Venedig statt. Wir haben trotzdem auch noch die ein oder andere Bar beglückt, weil wir die ganzen Getränke schließlich auch wieder loswerden mussten. So hat man zwar einen Haufen neuer Leute kennengelernt, aber leider hatte es deshalb nicht mehr viel mit einer traditionellen Bacarata zu tun.
Der Hauptausgehabend ist in Padova jedoch weder Freitag noch Samstag, sondern Mittwoch. Das liegt ganz einfach daran, dass es hier sehr verbreitet ist, eigentlich jedes Wochenende wieder nach Hause zur Familie zu fahren. Diese durch die Bedeutung der Familie bedingte Tendenz wird noch dadurch verstärkt, dass viele Italiener in Doppel- oder sogar Dreierzimmer schlafen und dann natürlich auch mal wieder allein sein wollen. Ich kann mich mit meinem Einzelzimmer also durchaus glücklich schätzen. Während ich also mittwochs mehr mit Italienern machen, stehen an den Wochenenden mehr Aktivitäten mit anderen Erasmusstudenten an.

Mittwoch, 13. Oktober 2010

Libri / Gelesene Bücher hier in Italien


Wie auch an meinem Studiengang zu erkennen, vor allem an meinem Schwerpunkt Literatur, lese ich auch sehr gerne und war schon gespannt darauf die moderne italienische Literatur kennenzulernen, da diese Bücher in Deutschland zwar zu finden sind, aber im Vergleich zu ähnlichen deutschen Büchern teuer sind.
Hier nun also mein erstes italienisches Buch. Der junge Schriftsteller Giuseppe Culicchia (der Link ist zwar nicht sehr aktuell, aber ein kleiner Überblick) erzählt darin die Geschichte von Iaio, einem DJ in Culicchias Heimatstadt Turin. Er gibt mit seinem Buch einen Einblick in die Welt junger Menschen, die mehr oder weniger orientierungslos durch das Leben gehen und sich hauptsächlich vom Spaß und Drogen leiten lassen. Auffallend ist, dass die meisten der Hauptfiguren aus einem eigentlich guten Elternhaus kommen und viel Geld haben, sie aber keine Aufmerksamkeit von Seiten der Eltern bekommen und dadurch abstürzen.
Daran knüpft auch der Hauptstrang des Buches an. Iaio und seine Freundin Allegra (deren Name eigentlich genau das Gegenteil ist von dem, was er bedeutet) streiten sich und sie taucht unter. Daraufhin vergnügt er sich einige Zeit mit einer anderen Frau, die auf den ersten Blick interessant erscheint, merkt jedoch noch 2 Monaten, dass er Allegra doch vermisst, da sie die einzige Person ist, der er vertraut und die auch ihm all ihre Probleme anvertraut hat, und begibt sich auf die Suche nach ihr. Jedoch vergeblich. Am Ende muss er erkennen, dass er allein geblieben ist.
Mir hat das Buch gefallen, da Culicchia auch auf das Problem des Mainstream aufmerksam macht, dass zwar jeder etwas besonderes sein will, im Endeffekt sind trotzdem alle gleich. So wird fast jede Kellnerin mit den Worten eingeführt: Sie hat ein Tattoo kurz über dem Arsch, ein Pony wie eine von Big Brother und macht Kunst, oder Theater und arbeitet hier nur um etwas Geld zu verdienen. Jede behauptet, Kunst zu machen um sich von den anderen zu unterscheiden, da sie weiß, dass sie sich eigentlich nicht unterscheiden.
Eigentlich hatte ich nicht vor nach Turin zu fahren, da bisher fast alle gemeint haben, es sei eh nur eine dreckige Industriestadt, aber nachdem ich dieses Buch gelesen habe, würde es mich schon intressieren mir die verschiedenen Plätze einmal selbst anzuschauen

Montag, 11. Oktober 2010

Uni - 1 Woche

Noch habe ich etwas Probleme alle für mich relevanten Informationen aus der Fakultätshomepage und auch den Aushängen überall in den zwei Fakultätsgebäuden zu finden. Jede Uni hat das eben unterschiedlich aufgebaut und man braucht einfach ein paar Wochen bis man sich daran gewöhnt hat und alles routinemäßig überprüfen kann. Dieses Problem hat mir also heute morgen einen kurzen Morgenspaziergang zu Fakultät und zurück beschert und zudem einen freien Vormittag den ich nutzen werde um Euch einen kleinen Einblick in das Unileben zu geben.
Auch hier wird es so langsam herbstlich. Morgens ist es trotz Sonnenschein ziemlich frisch, da durch die enge, meist vier- oder fünfstöckige Bebauung kaum Sonnenstrahlen in die Straßen fallen. Mittags hat die Sonne jedoch noch viel Kraft und man kann es auch kurzärmlig, wenn auch mit langer Hose, gut aushalten.
Letzte Woche hat nun also die Uni angefangen. Bisher habe ich nur einen Kurs besucht, da ich freitags noch in das Studentensekretariat musste. Dazu aber später mehr. Ich war ziemlich gespannt wie die Hörsäle aussehen, da sich mene Fakultät in einem alten Palazzo (ich werde sich auch mal noch ein Bild machen, aber habe bisher leider noch keins) befindet. Würde man vom Alter des Brechtbaus ausgehen und dem Zustand der Hörsäle wäre es kein gutes Omen. Aber glücklicherweise konnten meine Befürchtungen schnell zerstreut werden. Zu mindest die großen Säle sind top modern, eine super funktionierende Mikrofonanlage, intakte Sitze und Tische. Äußerlich schon mal richtig gut. Bleibt abzuwarten ob die Leistung der Dozenten sich dem anpasst.
Erste Veranstaltung war Lingua Spagnola, ich kann Euch also noch nicht sagen ob ich in den italienischen Vorlesungen mitkomme. Die Dozentin, eine Spanierin, vielleicht sogar Andaluserin was mir ja nahe kommt, erinnerte mich vom Stil her sehr an eine amerikanische Dozentin. Sehr engagiert und sie legte auch sehr viel Wert darauf ständig zu betonen, dass wir ihr Publikum sind und wie wichtig wir seien, auch wenn es eine Vorlesung sei. Auch wenn es mir etwas übertrieben vorkam, gefällt mir dieser Stil mehr als dieses kühle deutsche Ablesen des schon ausformulierten Vortrags. Hoffentlich bleibt das auch so.
Nun noch etwas zu einem weniger erfreulichen Teil des Unialltags. Man muss Anfang des Semesters und auch wenn man Scheine anrechnen lassen will immer auf das Studentensekretariat. Auch ich musste dort hin um mein Libretto Erasmus zu machen. Erstens sind die Öffnungszeiten beschissen. Meist nur um die 2 Stunden am Tag, aber genau dann wenn die meisten Vorlesungen sind, also musste ich freitags schon das erste Mal schwänzen, was aber nicht so schlimm ist, da es eh keine Anwesenheitslisten gibt.
Ich habe leider den Weg zum Studentensekretariat unterschätzt und so kam ich etwas spät dort an. Also eine Nummer gezogen und schon zur Öffnung nur noch Nr. 51 erwischt. Oh nein! Aber ich sollte Glück haben, kurz darauf kam ein anderer Student rein und hat gefragt ob jemand auch Lettere studiere. Da ich die Einzige im Umkreis war habe ich seine Nummer bekommen, Nr. 34, auch noch relativ hoch, aber deutlich besser. Dann musste ich ewig warten bis auch endlich mal einer der Stühle frei wurde um wenigstens zu sitzen und ein bisschen lesen zu können. Nach anderthalb Stunden war ich dann auch endlich mal an der Reihe. Also zum Schalter, meine Dokumente abgegeben und gesagt bekommen, ich solle doch am Dienstag noch mal kommen um dann das Libretto abzuholen. Also im Endeffekt 1,5 Stunden warten um 1 Minute was zu machen und wohl das gleiche am Dienstag wieder. Da kommt Freude auf über die Bürokratie.

PS: Ein nützlicher Hinweis: Wer in Italien einen Kuchen backen will, sollte wissen, dass sowohl Hefe als auch Backpulver lievito heißen. Und es verschiedenes Backpulver gibt, je nachdem was man backen möchte. Diese Erkenntnis hat mich einige Zeit gekostet im Auchan ;).

Sonntag, 10. Oktober 2010

Bologna

Seit dem letzten Post ist nun schon einige Zeit vergangen, ohne dass ich mich gemeldet habe. Das liegt jedoch nicht daran, dass ich nichts erlebt habe, sondern vielmehr wollte ich meinen Ausflug nach Bologna abwarten um euch auch mal wieder ein paar Bilder aus Italien zu schicken und euch nicht nur mit ständigen "nur" Textbeiträgen langweilen. Desweiteren lässt sich über die Uni nach einer Woche einfach mehr sagen als nach einem Tag. Um Padova mal zu verlassen habe ich mir dieses Wochenende Bologna - die Stadt mit der ältesten Uni Italiens und deshalb auch la Dotta, die Gelehrte, genannt - als Reiseziel ausgesucht und zum ersten Mal seit langem das Veneto in Richtung Romagna verlassen. Bologna hat aber noch zwei weitere Spitznamen, la Grassa wegen des fetten Essens und la Rossa wegen der vielen Rottöne die das Stadtbild prägen.

Das noch erhaltene Stadttor Bolognas, deren Stadtmauer leider großteils zerstört wurde.


Einer der vielen Arkadengänge Bolognas. Insgesamt soll es in der knapp 400.000 Einwohner zählenden Stadt etwa 166km an Arkaden geben. Für uns Deutsche einfach etwas Schönes, da es dies bei uns schließlich fast nicht gibt, da man eigentlich nie im Jahr auf so einen starken Schutz vor der Sonne angewiesen ist.

Schon auf dem Weg vom Bahnhof zur Piazza Maggiore - oben im Bild - haben wir uns über die Massen an Reisebussen auf der Via dell'Independenza gewundert. Bei genauerer Betrachtung fiel mir aber auf, dass das alles Busse verschiedener Radrennteams waren. Auf der Piazza wurden dann sämtliche Teams mit Fahrern vorgestellt, die an dem Rennen teilnahmen. Ein Riesenspektakel, dafür dass in Bologna nur der Start war und die Radfahrer nach einer Stunde auch schon wieder weg waren.

Auch die Polizei nutze dieses Rennen um etwas Werbung in eigener Sache zu machen. Es waren verschiedene ehemalige Motorräder ausgestellt und auch ein Smart der Carabinieri, von dem ich aber leider kein Bild habe. Ich muss einfach zugeben, dass sich ein italienischer Carabiniere in seiner Uniform neben so einer Maschine besser macht, als jeglicher deutscher Polizist in dieser gräslichen beige/grünen Kombination. Wenn ich auch schon einige modische Ausrutscher hier gesehen habe, die Carabinieri hatten definitiv einen guten Designer ;).


Wie es sich für eine Studentenstadt gehört gibt es auch jede Menge StreetArt und auch sonstige Straßenkunst zu sehen.

Bisher halte ich mich an diesen Antiquariatsbuchläden noch zurück - man muss ja nicht am Anfang schon sämtliches Geld ausgeben - aber es sind wirklich eine Menge alter Schätze zu finden. Auf einem Bücherflohmarkt in der Nähe des Bahnhofs gabs sogar Kleist, Goethe und andere deutsche Klassiker auf italienisch. Habe auch kurz überlegt Anna Karenina noch auf italienisch mitzunehmen, aber das war auch auf deutsch schon lang genug. Aber da werden glaube ich noch ein paar Bücher den Weg nach Deutschland finden mit mir.

Die Zwillingstürme - eine weitere wichtige Sehenswürdigkeit Bolognas - können auch bestiegen werden. Ich habe jedoch darauf verzichtet, da eine alte Geschichte besagt, dass diejenigen Studenten, die sie vor ihrem Abschluss besteigen, das Studium nie beenden werden. Da mir mein Studium zwar gefällt und ich auch kein Problem habe noch länger zu studieren möchte ich doch auch irgendwann einen Abschluss vorweisen können.


Unwissenerweise habe ich für diesen Ausflug das perfekte Wochenende im Oktober ausgewählt. Jedes zweite Wochenende im Monat findet nämlich ein riesiger Antiquaritätenmarkt statt auf dem man fast alles findet: Schmuck, Sonnenbrillen aus dem 70ern, Möbelstücke, Bücher, Silberbesteck, alte Werbeplakate, Accessoires wie Handtasch, usw. Mein Glück wurde insofern noch vergrößert, dass auch noch an verschiedenen Freitagen und Samstagen ein Kunsthandwerksmarkt stattfindet, die verschiedensten Schmuck anbieten: Ohrringe, Keramikketten, Armbänder, aber auch Teller und Spiegel. Alles sehr individuell, aber wirklich sehr schön. Da fällt es einem schon etwas schwer nicht den halben Markt leerzukaufen. Vor allem, da der Großteil auch zu echt fairen Preisen angeboten wird.


Bologna ist eine fast Perfekte Symbiose aus wirklich teuren Markenläden, also eigentlich alle großen und bedeutenden Marken wie Armani, Gucci, Chanel, und viele weitere sind vertreten, aber eben auch ein Haufen individueller und erschwinglicher Dinge. Wobei diese High-End-Produkte auch individuell sind, da sich sich ja auch fast niemand leisten kann. Also findet man hier Individualität für alle Preisklassen.